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Übersetzen vs. Dolmetschen - Wo liegt der Unterschied?

Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich schon mitbekommen habe, dass Übersetzen und Dolmetschen in einen Topf geworfen wurde.
Übersetzen? Ach, das ist das gleiche wie Dolmetschen, oder?

Obwohl beide Berufe eng miteinander verbunden sind und ihnen oft auch ein gemeinsames Studium zugrunde liegt, gibt es einige Unterschiede zwischen Übersetzen und Dolmetschen. 
Mit diesem Artikel möchte ich ein für alle Mal für Klarheit sorgen. Keine Fragen mehr, bitte! 😉

1. Schriftlich vs. Mündlich
Der offensichtlichste Unterschied: Übersetzen bezieht sich auf das schriftliche Übertragen von Texten von einer Sprache in eine andere. Dabei kann es sich um Verträge, wissenschaftliche Berichte, Webseiten, Marketingtexte und vieles mehr handeln.
Dolmetschen hingegen ist die mündliche Übertragung gesprochener Sprache – live und oft in Echtzeit. Es wird unterschieden zwischen Simultan- und Konsekutivdolmetschen, mehr dazu weiter unten. Man begegnet Dolmetschern häufig bei Konferenzen, Gerichtsterminen oder Verhandlungen.

Zusammengefasst:
Übersetzen = schriftlich
Dolmetschen = mündlich

2. Arbeitsweise und Tempo
Ein Übersetzer hat im Vergleich zum Dolmetscher meist mehr Zeit, um an seinem Output zu arbeiten. Er kann recherchieren, überlegen, eine zweite Meinung einholen und den Text überarbeiten. Wichtig beim Übersetzen sind Präzision und der richtige Ausdruck, da der geschriebene Text dauerhaft bestehen bleibt.
Beim Dolmetschen zählt jede Sekunde. Der Dolmetscher muss blitzschnell reagieren, das Gesagte in der Zielsprache wiedergeben und dabei die wichtigsten Informationen zusammenfassen. Hier gibt es oft keine Möglichkeit, ein Wort nachzuschlagen oder sich viel Zeit zum Nachdenken zu nehmen. Stressig! 

Zusammengefasst:
Übersetzen = Zeit für Recherche und Überarbeitung
Dolmetschen = Schnelle, spontane Reaktion in Echtzeit


3. Spezialisierungen
Übersetzer und Dolmetscher spezialisieren sich oft auf verschiedene Fachbereiche, aber die Spezialisierungen unterscheiden sich in der Art der Arbeit.
Ein Übersetzer kann sich auf Fachgebiete wie Medizin, Recht, Technik oder Marketing konzentrieren und arbeitet mit Texten, die eine tiefgehende Auseinandersetzung erfordern. Hier ist Genauigkeit entscheidend.
Dolmetscher benötigen ein breites Allgemeinwissen und müssen flexibel sein. Da sie manchmal nicht die Möglichkeit haben, vorab einen Blick auf den Inhalt (von bspw. einer Konferenz, auf der gedolmetscht werden soll) zu werfen, brauchen sie gute Vorbereitungstechniken, um bei jedem Thema mithalten zu können. Spezialisierungen gibt es auch hier, zum Beispiel im Gerichtsdolmetschen oder beim Konferenzdolmetschen, aber die Flexibilität ist bei Dolmetschern besonders wichtig.

Zusammengefasst:
Übersetzer = spezialisierte, tiefgehende Arbeit mit Texten
Dolmetscher = breites Allgemeinwissen, schnelle Anpassungsfähigkeit


4. Arbeitsumgebung
Das Dolmetschen erfordert oft starke Nerven. Man steht im direkten Kontakt mit den Sprechern und Zuhörern, jeder Fehler und jede Nervosität wird sofort gehört. Dolmetscher sind oft in stressigen Situationen tätig und müssen auch unter Druck klar kommunizieren.
Übersetzer haben den Vorteil, dass sie in der Regel allein und nicht vor den Augen des Publikums arbeiten. Dennoch darf man die Herausforderung nicht unterschätzen: Auch sie müssen extrem gewissenhaft arbeiten, da schriftliche Fehler oft langfristige Folgen haben.

Zusammengefasst:
Übersetzen = Arbeiten ohne direkten Zeitdruck, aber mit hoher Verantwortung
Dolmetschen = Arbeiten unter Zeitdruck und ständiger Beobachtung


5. Technologie
Ein weiterer spannender Punkt: Maschinelle Übersetzung gibt es mittlerweile zu Genüge, auch wenn sie niemals einen professionellen Übersetzer ersetzen kann. Doch die Technologie entwickelt sich rasend schnell, und Übersetzer arbeiten oft mit sogenannten CAT-Tools (Computer-Assisted Translation) oder Translation-Memory-Systemen, um ihre Arbeit effizienter zu gestalten.
Dolmetschen hingegen ist eine viel größere Herausforderung, da die Spontanität und die nuancierte Sprachverwendung schwer durch künstliche Intelligenz zu ersetzen sind. Automatisiertes Dolmetschen steckt also noch in den Kinderschuhen.

Zusammengefasst:
Übersetzen = Technologieunterstützt, aber maschinelle Übersetzungen noch weit entfernt von Perfektion
Dolmetschen = Viel schwerer zu automatisieren


Fazit
Übersetzen und Dolmetschen mögen auf den ersten Blick ähnlich erscheinen, doch sie erfordern ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Arbeitsweisen. Während Übersetzer schriftliche Texte akribisch und mit Detailgenauigkeit bearbeiten, müssen Dolmetscher spontan, stressresistent und anpassungsfähig sein.

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